„Wenn du abends Zwiebackbrei fütterst, hast du Ruhe bis zum Morgen.“ – „Ich habe mich immer an dein Bett gesetzt und Schlaflieder gesungen. Spätestens beim vierten Lied warst du eingeschlafen.“ – „Ihr könnt doch nicht in jeder Woche einen Babysitter kommen lassen, bloß weil ihr zusammen ins Kino wollt.“
Fast alle jungen Eltern kennen das, diese Ratschläge von Oma oder Opa, Vater oder Schwiegermutter. Manchmal sind sie ganz hilfreich, oft aber einfach nur nervig. Dass Großeltern sich um das Wohl ihrer Enkel sorgen – einverstanden. Sie erinnern sich daran, wie es ihnen damals als Vater oder Mutter selbst erging, was ihnen beim Umgang mit ihren Kindern ge- oder misslungen ist. Auf alle Fälle haben sie eine Meinung dazu, wie mit einem Baby umzugehen ist und wie sich Vater und Mutter „richtig“ verhalten, und fühlen sich womöglich in Frage gestellt, wenn ihre „Kinder“ andere Wege gehen. Selbst wenn sie es nicht offen sagen, spüren die jungen Eltern das oft ganz genau.
Dazu kommt: Ein gutes Stück „Großeltern“ tragen die erwachsenen Kindern selbst in sich. Die Beziehungs- und Familienkultur ihrer jeweiligen Herkunftsfamilien hat sie geprägt. Liegt es vielleicht daran, dass „sie“ das Baby nach neun Monaten noch stillt, während „er“ meint, die übliche Familienkost müsste allmählich genügen? Muss wirklich jedes mal ein selbstgebackener Kuchen auf den Tisch, wenn Oma zu Besuch kommt, oder tun es auch die Kekse vom Discounter? Muss der junge Vater auf Teilzeit gehen, nur weil der Schwiegervater es zum Leidwesen seiner Frau und Kinder nie geschafft hat, seine Überstunden zu reduzieren? Wird der Jahreswechsel im Kreis der Großfamilie mit einem üppigen Silvestermenü gefeiert oder mit einem Brunch am Neujahrsmorgen?
Das Kostbarste im Leben
ist zugleich das Verletzlichste.
Tautropfen können
schon morgen zu Tränen werden.
Was heute blüht,
kann jederzeit verdorren.
Darum lass uns
den Augenblick genießen.
Jetzt.
Ingrid Schreiner
aus: Zu Zweit. Adventsmomente für die Partnerschaft,
© Echter Verlag Würzburg 2014, S. 17
Diese und viele andere Unterschiede in der familiären „Prägung“ fordern junge Eltern heraus, ihren eigenen Stil zu entwickeln. Ein Reiz in der Paarbeziehung liegt ja auch darin, mehr über die Person zu erfahren, in die ich mich verliebt habe: Was muss ich aus deiner Lebensgeschichte wissen, damit ich dich besser verstehe? Welche Erfahrungen haben dich geprägt? Welche Werte haben dir deine Eltern vorgelebt? Wahrscheinlich entdecken Paare dabei einiges, was sie aus der einen oder anderen Herkunftsfamilie übernehmen möchten. Aber auch das eine oder andere, für das sie sich fest vornehmen: Das gestalten wir anders.
Aktuell, in der ersten Zeit als Eltern, gilt es vor allem miteinander zu klären: Was zeichnet in unseren Augen einen „guten Vater“ oder eine „gute Mutter“ aus? Das bedeutet vielleicht auch, sich von Vorstellungen und Erwartungen der (Schwieger-)Eltern abzugrenzen. Sie dürfen ruhig spüren: „Hier entsteht aus den Traditionen zweier Familien etwas Neues, Eigenes. So, wie Ihr es damals gemacht habt, war es gut, und Ihr könnt stolz darauf sein, welch taffe Mutter und welch einfühlsamer Vater dabei herausgekommen sind! Und Ihr dürft darauf vertrauen, dass wir mit unserem Baby gut umgehen – aber wir stehen heute vor anderen Herausforderungen (zum Beispiel in der Arbeitswelt) und haben andere Möglichkeiten (zum Beispiel in Sachen Kinderbetreuung) ...“
Zugleich stellt sich jungen Eltern auch die Frage, wie sie es mit den (Schwieger-)Eltern in Zukunft halten wollen. Vielleicht möchten die jetzt, als Oma oder Opa, viel häufiger zu Besuch kommen. Oder der junge Vater erlebt, wie sich seine Frau und ihre Mutter einander annähern, und beginnt sich zu sorgen, wo sein Platz im Dreieck Frau-Kind-Schwiegermutter bleibt. Klar, die Hilfe der Oma wird benötigt, aber mischt sie sich dabei nicht zu sehr in das Leben der jungen Familie ein? Gut, wenn es den Beteiligten dann gelingt, sich offen über Bedürfnisse, Wünsche und Befürchtungen auszutauschen und mögliche Konflikte respektvoll anzusprechen!