Tina hat einen Stapel Bücher über die Bedürfnisse von Babys gelesen. Anna tauscht sich in einem Internetforum mit anderen jungen Eltern darüber aus. Tim und Sandra besuchen ein Elterntraining, weil sie über den Umgang mit ihrem acht Monate alten Sohn uneins sind und viel streiten. Max hört beim Joggen einen Podcast zum Thema „Was das Baby vom Papa braucht“. Sie alle treibt derselbe Wunsch: der großen Verantwortung für ihre Kinder gerecht zu werden und möglichst viel „richtig“ zu machen.
Prima: Das Informationszeitalter bietet ihnen in Hülle und Fülle Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen anderer Eltern. Wo früher ärztliches Fachpersonal, Hebammen und Großmütter als Ratgeber die „erste Geige“ spielten, haben manche junge Eltern sich heute selbst zu Fachleuten in vielen Belangen rund ums Kind durchgelesen. Die Kehrseite der Medaille: Manchmal fühlen sie sich von gegensätzlichen Experten-Meinungen verunsichert. Und vor allem setzt die Fülle an Informationen Mütter und Väter gehörig unter Druck, weil sie ihnen vorgaukelt: Die perfekte Erziehung ist möglich! Wer jetzt noch Fehler macht, ist selber schuld!
Doch bei aller Vorbereitung, trotz aller guter Ideen und einleuchtender Anregungen: In jeder Familie ergeben sich stressige Momente, in denen die Eltern ihren besten Grund- und Vorsätzen untreu werden. Da schimpft die junge Mama, übermüdet wie sie jetzt öfter ist, gereizt los, statt geduldig und liebevoll zu reagieren. Oder der junge Papa setzt das quengelige Kind vors Fernsehen, um mal ein paar Minuten Ruhe zu haben, oder verabreicht eine Banane als Beruhigungsmittel. Und schon wenige Minuten später meldet sich das schlechte Gewissen. Unnötigerweise. Denn Fehler sind menschlich. Wichtig ist nur eine gute „Fehlerkultur“ – manche Experten sagen sogar „Fehlerfreundlichkeit“.
Als ich an diesem Abend nach Hause komme, ist etwas anders. Miriam kommt mir nicht wie sonst mit Jonas auf dem Arm entgegen, im Flur herrscht ein merkwürdig erwartungsvolles Schweigen. Dann höre ich ein leises tapp-tapp, und aus der Küche, kommt mein Sohn mir allein entgegen gewackelt. Diese triumphierende Freude in seinen Augen, als ich in die Knie gehe und die Arme ausbreite, um ihn aufzufangen! Und über seine Schulter weg sehe ich Miriam, in deren Augen Glückstränen blitzen, genau wie in meinen.
Peter, 32
Dazu gehört
Eltern, die das schaffen, dürfen sich getrost selbst verzeihen, wenn sie mal nicht wie im Bilder- oder besser: Lehrbuch reagieren. Umso entspannter können sie der nächsten Herausforderung entgegensehen.