Samstag, 15:31 Uhr

Haushalt: Kinder mit einbeziehen

Ich bin schon groß!

Am liebsten würden Anderthalbjährige überall helfen: beim Putzen, Bügeln, Kochen, beim Reparieren des verstopften Waschbeckens und selbstverständlich auch beim Autowaschen. Und das schönste Spielzeug bleibt unbeachtet liegen, wenn sie eine Chance sehen, den Staubsauger oder gar den Bohrschrauber in die Finger zu kriegen.

Klar, dass Eltern das Hantieren mit gefährlichen Gegenständen und Werkzeugen zuverlässig unterbinden müssen, damit ihr Kind sich nicht verletzt oder andere gefährdet. Am besten, indem sie erklären, wieso sie das tun, statt nur Verbote auszusprechen. Und, ja, die „Hilfe“ der Kleinen erspart den Großen nur ausnahmsweise mal Zeit und Arbeit. In den allermeisten Fällen dauert es mindestens doppelt so lange, bis sie alle Socken auf den Wäscheständer gehängt haben. Oder die Eltern müssen hinterher nacharbeiten, weil der Nachwuchs den Teig nicht nur gründlich geknetet, sondern dabei auch flächendeckend in der Küche verteilt hat.

Edelstein

Flüchtiges Glück

Gerade hat Lukas eine Kerze ausgepustet. Nach mehreren Versuchen – anfangs ziemlich feucht – hat’s geklappt. Ich will mich schon abwenden, da entdecke ich die Faszination in Lukas’ Augen. Die Rauchschwaden, die vom Docht aufsteigen, zaubern wunderschöne flüchtige Linien und Kurven ins Zimmer. Dann will Lukas danach greifen – und verändert durch seine Handbewegung die aufsteigenden Schwaden. Neue Formen entstehen – ein beglückendes Spiel, aus dem Augenblick geboren.

Maik, 36

Doch die Zeit, die Mütter und Väter vermeintlich „verlieren“, ist gut investiert. Denn Kinder, die in ihrem Drang zur Mitarbeit ständig abgewiesen werden, verlieren früher oder später die Lust daran. Der angeborene Motor, Mama und Papa nachzueifern und genauso „groß“ und selbstständig zu werden, gerät ins Stottern. Später, wenn ihre Hilfe mal wirklich gefragt ist, sind sie kaum noch dazu zu motivieren.

Sicher, manchmal geht’s nicht anders, weil Mama in großer Eile ist oder das Mittun des Sprösslings wirklich fatale Folgen haben könnte. Doch in sehr vielen Fällen können Eltern ihren Nachwuchs problemlos einbeziehen und zum Beispiel Quark rühren, Handtücher falten oder Krümel auffegen lassen, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist. Im Supermarkt schieben viele Kinder stolz ihren Mini-Einkaufswagen mit ein paar Kleinigkeiten neben Mamas großem Wagen zur Kasse. Andere lieben es, Altglas in den Container zu werfen, weil das so schön Krach macht, oder mit einer kleinen Gießkanne die Blumen zu gießen, auch wenn nicht alles Wasser bei den Blumen ankommt. Wo das Hantieren des kleinen Helfers mit Originalwerkzeug (noch) zu gefährlich wäre, lässt sich mit ein wenig Fantasie vielleicht eine Ersatzlösung finden. Während die große Schwester am Herd auf einem Stuhl steht und die kochende Suppe umrührt, sitzt der kleine Bruder auf dem Fußboden und rührt mit einem Holzlöffel in einem Topf verschiedene rohe Nudeln ineinander. Und während Papa das neue Kellerregal montiert, darf er ein paar Schrauben in einen Holzklotz drehen.

Kinder, die so nach Herzenslust ausprobieren und „helfen“ dürfen, lernen dabei doppelt und dreifach. Sie trainieren Ausdauer, Konzentration und feinmotorisches Geschick. Fähigkeiten, die spätestens beim Schuleintritt gefragt sind. Nebenbei wird ihre Sprachentwicklung gefördert, wenn Mama und Papa die Arbeitsutensilien benennen und erklären, was sie damit tun. Und das Gefühl, von den Eltern ernst genommen zu werden und einen Beitrag zum Gelingen des Familienlebens zu leisten, ist Nahrung für das Selbstbewusstsein.

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