„Mami“, tönt es nach einer Reihe roter Ampeln vom Rücksitz nach vorne, „warte mal. Ich mache jetzt die Ampeln grün. Eins – zwei – d-r-r-r-r-r-r-ei-ei-ei-ei. Siehst du, grün!“
Kleine Kinder glauben, dass sie auf Gegenstände und Naturereignisse durch magische Praktiken Einfluss nehmen können: dass der Bus endlich kommt und der Regen aufhört, dass die Sonne tagsüber beim Spaziergang mitgeht und der Mond abends hinter dem Auto herläuft. Vierjährige sehen in Naturerscheinungen und Gegenständen Wesen oder Erscheinungen mit Bewusstsein und Absichten. Selbstverständlich haben Puppe und Teddybär, Sonne und Mond eine Seele und können denken und sprechen: nämlich das, was das Kind für sie denkt und redet. Ein vierjähriges Kind hält das, was sich in seinem Kopf abspielt, und das, was außerhalb seiner Person passiert oder existiert, nicht so streng auseinander wie die Erwachsenen. Die ganze Welt ist eine lebendige Traumwerkstatt, in der Tiere sprechen und Bäume denken, in der Sterne vom Himmel geholt werden und als bunte Kulisse für tollkühne Abenteuer dienen.
das Vollkommene
erwarten
dem Unvollkommenen
trauen
Raum geben
für neue Entdeckungen
das Geschenkte
annehmen
absichtslos
der Sehnsucht trauen
und mutig
neue Pfade betreten.
Roswitha Paas
Die Fantasie, mit und in der Kinder spielen und leben, ist spannend und faszinierend. Sie hilft den Kleinen aber auch, in dem zurechtzukommen, was die Erwachsenen Wirklichkeit nennen. Schließlich haben sie den Ausgang der selbst erfundenen Geschichten ja – anders als in der Wirklichkeit – selbst in der Hand. Und: In der Fantasie lässt sich ein Ereignis beliebig oft wiederholen. Bedrohliche Erlebnisse wie Gefahr, Gewalt oder Tod, die in Kindern starke Gefühle wie Angst oder Trauer auslösen, können auf diese Weise verarbeitet werden.
Aber auch bei weniger dramatischen Konflikten leisten die Begleiter aus der Fantasie gute Dienste. Manche familiäre Gewitterstimmung kann entschärft werden, wenn sich glaubhaft machen lässt, dass der Ohrring der Mutter sich doch selbst hinter der Strumpfkiste versteckt hat, um Mama zu überraschen! Oder dass der Fantasie-Hund im Wohnzimmer mit den Honig-Cornflakes Picknick gespielt hat – und natürlich nicht Miriam.
Schön, wenn bei allem Zwiespalt der Gefühle Eltern dann noch reagieren können wie ihr Kind: mit Fantasie!