So schön hatten die Eltern sich das vorgestellt. „Jetzt hat Sofia jemand, mit dem sie immer spielen kann!“, hofften sie, als Sara, ihr zweites Kind, geboren wurde. Und das zu Recht; denn tatsächlich leisten Geschwister sogar noch viel mehr füreinander.
Aber jetzt? „Mama, Sofia lässt mich nicht schaukeln.“ – „Sara hat mein Bild vollgekrickelt.“ – „Immer muss ich aufräumen. Dabei macht Sara viel mehr Unordnung.“ – „Finger weg von meinen Keksen, du Zwerg!“ Schreien, hauen, weinen, petzen – statt fröhlich miteinander zu spielen, fetzen sich die lieben Kleinen ausdauernd und mit Hingabe.
Immerhin: Das Gehacke hat auch gute Seiten. Sara und Sofia lernen dabei, Streit auszutragen und zu lösen. Jede sieht an der Reaktion ihrer Schwester, welche „Waffen“ Erfolg versprechen und welche nicht; die Eltern stellen klar, was erlaubt und was verboten ist. Ihren Freunden können Kinder den Laufpass geben, ihren Geschwistern nicht; also müssen sie sich zusammenraufen – ein ideales Übungsfeld für zwischenmenschliches Verhalten.
Das gemeinsame Spielen kommt darüber nicht zu kurz. Allerdings dürfen Eltern nicht zu viel erwarten; Vierjährigen – und erst recht ihren jüngeren Geschwistern! – fällt es oft noch schwer, auf andere einzugehen und eigene Wünsche zurückzustecken. Um so schöner, wenn’s trotzdem klappt! Geschwister sind aber nicht nur zum Spielen und zum Streiten gut:
Na toll! Den ganzen Tag schon beharken sich Martin (6) und Florian (4), und pünktlich zu Beginn der langen Autofahrt beginnt auch noch unser Baby Lena zu weinen! Mein inneres Thermometer nähert sich dem Siedepunkt. Da höre ich plötzlich unsere Großen einträchtig singen: „Lena ist so süß, Lena ist so lieb“ — nach einer Melodie, die sie gerade erfunden haben. Und fast augenblicklich beruhigt Lena sich! Womit haben wir nur so zauberhafte Kinder verdient?
Frederik, 34
Geschwister können allerdings auch zu Entwicklungs-Bremsern werden. Zum Beispiel, wenn die Eltern eins zum Maßstab für die anderen machen: „Kannst du dein Zimmer nicht aufräumen wie Sofia?“ Oder wenn sie die Kinder einseitig festlegen: Die Mädchen müssen Mama in der Küche helfen, die Jungen gehen Papa beim Autowaschen und bei Heimwerker-Arbeiten zur Hand. Eltern sollten stattdessen versuchen, in jedem Kind seine ganz individuellen Vorlieben und Stärken zu entdecken und zu fördern. So eröffnen sie ihren Söhnen und Töchtern die besten Chancen, die Vorteile des Geschwister-Lebens zu genießen.