Sonntag, 04:24 Uhr

Schulanmeldung

Bevor die erste Stunde schlägt

Jetzt schon? Manche Eltern reiben sich vermutlich die Augen: Gerade hat ihr Kind sich im Kindergarten richtig eingelebt, da ­beginnt je nach Bundesland schon der Countdown für die Schule. Die Hansestadt Hamburg zum Beispiel lädt Mütter und ­Väter mehr als anderthalb Jahre vor dem ersten Schultag ein, ihr Kind dort vorzustellen – zwecks „Einschätzung der alters­ge­mäßen Entwicklung“. Nicht alle Bundesländer haben es so eilig, aber früher oder später in den nächsten Monaten bekommen alle Eltern von Viereinhalb- bis Fünf­jährigen die Einladung zur Schul­anmeldung und / oder zur Schuleingangsuntersuchung – und damit Stoff zum Nachdenken.

Ist unser Kind reif für die Schule? Ganz klar: Je mehr Zeit bis zum ersten Schultag noch vergeht, desto schwerer lässt sich das beurteilen. Als wichtigster Maßstab gilt heute das Sprachvermögen der Kinder. Außerdem brauchen sie: Neugier und das Selbstvertrauen, neue Aufgaben mutig anzupacken; die Bereitschaft, sich für ein Ziel anzustrengen; die Fähigkeit, zuzuhören und eigene Wünsche mit anderen abzustimmen; Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen; nicht zuletzt eine einigermaßen robuste Gesundheit und ein gutes Seh- und Hörvermögen. Gut auch, wenn das Kind selbst sich auf die Schule freut.

Klar ist auch: Schulreife kommt nicht automatisch mit dem Alter. Die beste Chance, sie richtig abzuschätzen, bieten intensive Gespräche im Dreieck von Eltern, Kindergarten und Schule. Das gilt erst recht für besonders fitte oder gehandicapte Kinder, die Eltern vorzeitig einschulen, für ein Jahr zurückstellen oder einer Förderschule anvertrauen könnten. Dagegen macht es keinen Sinn, mit dem Kind gezielt für einen Schuleingangstest zu üben (mehr über die Vorbereitung auf die Schule in einem späteren Elternbrief).

Wo sollen wir unser Kind anmelden? Es gibt viele Gründe, darüber nachzudenken. Grundschulen unterscheiden sich durch größere oder kleinere Klassen, pädago­gische Konzepte, ihre religiöse Orientierung, Über-Mittag- oder Ganztagsangebote … Oder auch durch eine „flexible Eingangsstufe“, die die beiden ersten Klassen zusammenfasst und die die ABC-Schützen je nach Entwicklungsstand und Lerntempo in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen können – ein Beleg dafür, dass „Schulreife“ nicht nur von den Kindern selbst abhängt, sondern auch davon, wie eine Schule auf sie eingeht.

Allerdings: Viele Eltern haben kaum eine Wahl. Je nach Adresse gehört die Familie zu einem Schulbezirk oder -sprengel, dem eine bestimmte Schule zugeordnet ist. Wer sein Kind auf eine andere schicken möchte, braucht gute Gründe, etwa einen Arbeitsplatz nahe der Wunschschule oder einen Betreuungsbedarf, den die eigentlich zuständige nicht erfüllt.

Wahlmöglichkeiten eröffnen auch

  • Förderschulen (für Kinder mit bestimmten Handicaps),
  • Konfessionsschulen staatlicher Träger (in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen),
  • private Grundschulen freier Träger. Dazu zählen vor allem Schulen mit alternativen Konzepten wie Montessori- und Waldorfschulen sowie Schulen von christlichen und anderen religiösen Trägern. Allerdings müssen Eltern dort oft Schulgeld bezahlen.

Was bedeutet es für unser Familienleben, wenn das Kind auf die Schule kommt? Mit der Grundschule mischt sich ein neuer „Zeitgeber“ in das Familien­leben ein. Das bereitet vielen berufstätigen ­Müttern und Vätern Kopfzerbrechen – ­weil nämlich die Anfangs- und Schluss­zeiten der Schulen weniger flexibel sind als die der Kindergärten. Und die Angebote an zusätzlicher Über-Mittag- und Nachmittagsbetreuung für Schulkinder hinken vielerorts deutlich hinter dem Bedarf her. Berufs­tätige Eltern müssen deshalb oft eine private Lösung mit Hilfe von Groß- oder Tageseltern organisieren.

Vielleicht hat es ja auch seine gute Seite, dass manche Bundes­länder die Schulzeit für die Eltern so früh einläuten …

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