Aus Sicht eines Fünfjährigen funktioniert das wie in Grimms Märchen. Okay, statt eines putzigen Esels steht da nur ein nüchterner Blechkasten. Die Eltern sagen nicht „Bricklebrit!“, sondern stecken ein Kärtchen in einen Schlitz, tippen auf eine Tastatur und statt Goldstücke regnet es Scheine. Aber: Hauptsache Geld.
Verständlich, dass Manuel darüber eine etwas schiefe Vorstellung vom Wirtschaften in der Familie entwickelt und gelegentlich, wenn Mama oder Papa einen Wunsch mit der Begründung „Kein Geld!“ ablehnen, treuherzig vorschlägt: „Neu holen!“ Der bevorstehende Start in die Schule bietet einen guten Anlass, ihn nach und nach mit den Regeln des Finanzlebens vertraut zu machen. Am nachhaltigsten klappt das durch „Learning by doing“, also durch eigene Erfahrungen – mit Taschengeld.
Manuel ist jedenfalls stolz wie Oskar, als seine Eltern ihm zu Weihnachten eine Geldbörse schenken mit dem Hinweis, dass er ab sofort mit einem oder zwei Euro Taschengeld pro Woche rechnen und darüber frei verfügen darf. (Eine monatliche Auszahlung empfiehlt sich erst bei älteren Kindern, die schon einen längeren Zeitraum überblicken und erste Erfahrungen mit der Einteilung des Taschengelds gemacht haben.) Klar, dass er damit nicht weit kommt; Matchbox-Autos, die Manuel sammelt, kosten Stück für Stück mehr als das Zehnfache! Umso schneller stößt er auf die Notwendigkeit, mit seinen begrenzten Mitteln gut zu wirtschaften. Die Ausgaben für Schule oder Kleidung lassen sich damit ohnehin nicht finanzieren. Aber auch wenn Manuel sein Geld komplett in Gummibärchen und Lakritzschnecken umsetzt, lassen seine Eltern ihn gewähren. Umso leichter fällt es ihnen, Bitten um Nachschlag ohne Bedauern zurückzuweisen.
Frühere oder spätere Diskussionen um die Höhe des Taschengelds sind damit progammiert. Und durchaus erwünscht – sie eröffnen Manuels Eltern nämlich die Chance, ihren Sohn je nach seinem Alter und seiner Entwicklung nach und nach immer detaillierter über ihre finanziellen Möglichkeiten und Ziele zu informieren. Darüber, dass das Geld eben nicht in beliebiger Menge aus dem Automaten kommt, dass sie zwar für ihre Arbeit Lohn oder Gehalt bekommen, davon aber Miete, Strom, Heizung, Lebensmittel, Kleidung und vieles andere bezahlen müssen. Dass sie für „große“ Wünsche eine Zeit lang sparen, sprich: andere Wünsche zurückstellen müssen. Und dass das eine oder andere auf absehbare Zeit wohl ein Traum bleiben wird.
Diese finanziellen Verhältnisse und die Konsumgewohnheiten der Familie bilden einen wichtigen Maßstab für die Höhe des Taschengelds. Gut, wenn Eltern offen und ehrlich darüber reden; dann fühlen sich die Kinder auch in wichtigen Fragen ernst genommen und entwickeln Verständnis dafür, wenn Mama und Papa nicht jedem Antrag auf Erhöhung des Taschengelds stattgeben. Zu wenig Taschengeld fördert den Lerneffekt ebenso wenig wie zu viel des Guten. Vielleicht hilft auch ein Austausch mit den Eltern der gleichaltrigen Freundinnen und Spielkameraden, die richtige Balance zu finden.