Im Kindergarten: Erzieherinnen. In der Grundschule: Lehrerinnen. Fehlt Jungen, die von ihren Müttern allein erzogen werden, ein männliches Vorbild? Die Elternbriefe sprachen mit Petra Winkelmann, Referentin für Alleinerziehende beim Sozialdienst Katholischer Frauen.
Entwickeln Jungen sich anders, wenn sie bei alleinerziehenden Müttern aufwachsen?
Das hängt von vielen Einflüssen ab: Ob sie ihren Vater überhaupt kennengelernt haben, wie liebevoll oder gewalttätig er mit ihnen umging, wie alt sie bei der Trennung der Eltern waren … Fest steht: In der akuten Trennungssituation verlieren viele Jungen den Boden unter den Füßen, verhalten sich zum Beispiel aggressiver und bekommen Probleme in der Schule. Doch das legt sich meist, wenn sich die Situation in der Familie wieder stabilisiert. Zwar gibt es Hinweise, dass Söhne allein erziehender Mütter in der Schule schlechter abschneiden als andere; aber daran ist vermutlich eher die Armut Schuld, in der viele Frauen leben, als die Abwesenheit des Vaters.
Machen sich die Frauen selbst Sorgen, weil ihren Söhnen vielleicht ein wichtiges Vorbild fehlt?
Ja, die allermeisten. Sie sehen auch die Gefahr, ihre Enttäuschung zu Unrecht vom Vater auf den Sohn zu übertragen („Du bist wie dein Vater!“) oder umgekehrt ihre Söhne als Partner-Ersatz zu überfordern („Du bist jetzt der Mann im Haus.“). Viele lassen sich deshalb beraten und tauschen sich zum Beispiel in Selbsthilfegruppen darüber aus.
Heute Abend leuchtete der Himmel knallorange. „Das Christkind bäckt“, sagte meine Großmutter dazu, als ich so alt war wie mein Lukas heute. Merkwürdig: Seit ich selbst Mutter bin, erinnere ich mich wieder an so vieles aus der eigenen Kinderzeit, und ich spüre wieder eine ganz intensive Verbindung zu den Menschen, die damals wichtig für mich waren. Wie meine Oma, die schon lange nicht mehr lebt; mit dem knalligen Farbenspiel am Himmel sehe ich noch einmal ihr warmes, liebevolles Lächeln… Danke für die Liebe, die ich als Kind bekommen habe und die ich jetzt weiter schenken darf!
Rebecca (38)
Mit welchen Konsequenzen für den Alltag?
Sie setzen alles daran, den Jungen Kontakte zu Männern zu verschaffen – zu den Großvätern, zu Onkels, Freunden der Mutter, in Sportvereinen oder in Gruppen wie den Pfadfindern. Vielen ist dafür keine Fahrt und kein Verzicht zu viel.
Genügt das? Viele fürchten: Jungen, die ohne Vater aufwachsen, orientieren sich umso eher an fragwürdigen Macho-Vorbildern aus den Medien.
Beobachtungen aus der Praxis widerlegen das. Danach gehen Söhne allein erziehender Mütter langfristig flexibler mit Geschlechtsrollen um, entwickeln zum Beispiel mehr Fertigkeiten im Haushalt. Und nach eigener Einschätzung verhalten sie sich später als Erwachsene weniger dominant und streitsüchtig und haben ein engeres Verhältnis zu ihren Kindern als andere Männer.
Ein Vorbild für diese Jungen könnte auch ein neuer Partner der Mutter sein …
Tatsächlich reagieren viele Jungen darauf positiver als Mädchen, zum Beispiel mit besseren Schulleistungen. Allerdings kommt es darauf an, wie die Erwachsenen die neue Beziehung einfädeln. Die Jungen müssen spüren: Ich gewinne einen Freund dazu. Aber nicht: Der Neue soll meinen Vater verdrängen. Überhaupt darf das oberste Ziel nicht ein Ersatzvater sein. Sondern: den leiblichen Vater in der Verantwortung zu halten und seinem Sohn einen guten Kontakt zu ihm zu ermöglichen! Wenn dann ein weiterer Mann als Bezugsperson dazukommt, umso besser.