„Gott hält die Zahnlücken und Zähne in seiner Hand, Gott hält die ganze Welt in seiner Hand.“ So hat unsere Schulanfängerin auf die vertraute Melodie gedichtet, als sie endlich auch ihre erste ersehnte Zahnlücke hatte. „Jetzt wird’s aber albern!“, war mein erster Gedanke. Andererseits …
Der Schulanfang markiert für Kinder einen großen Umbruch – für manche ist es der erste, den sie bewusst erleben. Der Tagesrhythmus ändert sich, das Wort „Pflicht“ hält Einzug ins Leben. Neue Bezugspersonen werden wichtig. Aus den „Großen“ im Kindergarten werden plötzlich wieder die „Kleinen“ in der Schule. Da kommen nicht nur die Zähne ins Wackeln und Wanken. Manches passt nicht mehr und muss Neuem Platz machen. Wackelzähne und Zahnlücken prägen die Identität in dieser Zeit wesentlich mit – soll ich mich da nicht freuen, dass meine Tochter diese wackelige Identität Gott anvertraut und sich in allen Veränderungen von ihm gehalten weiß?
Und überhaupt: Ist dieser Umbruch nicht auch ein Anlass, neu über das Beten in der Familie nachzudenken? Den Kindern mehr Mitsprache dabei einzuräumen? Sich ein Stück weit von den standardisierten, vorformulierten Gebeten zu lösen, die bisher vermutlich die Praxis in vielen Familien prägten, und freier zu beten? Auch Rituale, die Kinder lieben und die ihnen Sicherheit vermitteln, können mit der Zeit leer werden. Schulanfänger* sind alt genug, zusammen mit den Eltern einen Rahmen zu entwickeln: Wann wollen wir gemeinsam beten? Wie beginnen wir? Wie enden wir? Was sind Inhalte? Wer sucht aus?
Das Ergebnis wird von Familie zu Familie anders aussehen – je nach Zahl und Alter der Kinder, ihren Vorerfahrungen und ihrem Temperament, dem Rhythmus des Familienlebens … Suchen Sie also bitte aus dem folgenden Baukasten heraus, was für Sie am besten passt:
Ganz wichtig ist bei all dem die Devise „Learning by doing“ – Gebete müssen nicht perfekt sein. Nicht nur die Zähne, auch alles andere, das noch wackelt, liegt in Gottes Hand.
Unsere Gastautorin
Hanna Günther
ist Mutter von vier Kindern, Pastoralreferentin
und arbeitet als Klinikseelsorgerin im Schwarzwald.