Donnerstag, 11:55 Uhr

Misserfolge verarbeiten

Das Kreuz mit der Schule

Das Kreuz mit der Schule

Max ist in der Schule keine Leuchte. Wenn er mal eine Drei schafft, ist das schon ein Grund zum Jubeln.

Kein Wunder, dass er nicht gern zur Schule geht. Schon nach ein paar Tagen wollte er nicht mehr hin. Es macht ihm keinen Spaß zu lernen, jedenfalls nicht das, was ihm die Schule vorsetzt. Noten im untersten Viertel der Klasse kleben an ihm wie Kletten und lassen Max resignieren.

Seine Eltern pendeln zwischen Versuchen, ihn zu ermutigen und zu unterstützen, und Frustration über die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen. Wie können sie ihn bloß motivieren? Dabei ist Max nicht dumm und auch nicht faul. In jeder freien Minute hilft er seinem Onkel in der Schreinerei. Der hält große Stücke auf ihn. „Der Junge ist auf Zack. Er sieht, wo Arbeit ist, hat Geschick im Umgang mit Werkzeug und auch Verständnis für Zahlen und komplizierte Zusammenhänge. Er braucht nur den praktischen Bezug.“ Dagegen fördere die Schule nur Kinder mit einem guten abstrakten Vorstellungsvermögen, glaubt der Onkel. „Aber Abitur machen, studieren und am Computer sitzen macht nicht jeden glücklich.“

Seine entschiedenen Ansagen hören Max’ Eltern dankbar. Sie spüren selbst: In ihrer Sorge um seine Schullaufbahn drohen sie Max’ Persönlichkeit und Qualitäten aus den Augen zu verlieren. Die Schule verdrängt die unbeschwerten Momente mehr und mehr aus dem Familienleben. Max drängen, schimpfen, zum Üben antreiben – das allein kann’s nicht sein!

Edelstein

Abenteuer

Janniks Augen strahlen in seinem nicht so ganz sauberen Gesicht, als er aus dem Bus steigt. Er riecht nach Lagerfeuer und singt mir begeistert ein Lied nach dem anderen vor. Seine Stimme klingt so, als hätte er seit Tagen nichts anderes gemacht. Warum habe ich mich eigentlich gesorgt, ob mein „Kleiner“ beim Zeltlager friert? Ob er allein zurechtkommt? Er hat etwas erlebt, was ich ihm zuhause so nicht bieten kann: Abenteuer! Gut, dass ich mich getraut habe, ihn mitfahren zu lassen!

Alice, 39

Den Schlüssel für ihr Problem finden die Eltern im Gespräch mit einer Schulpsychologin. „Wie gehen Sie selbst eigentlich mit Misserfolgen um? Welche Strategien haben Sie für sich gefunden, um daran nicht zu verzweifeln?“

Diese Fragen bringen eine ganze Reihe von Erfahrungen und Erlebnissen der Eltern zutage. „In solchen Momenten war es für mich ganz wichtig, dass jemand mir vermittelt hat: Ich glaube an dich, trotzdem!“, überlegt Max’ Vater. Aus solchen Erinnerungen entwickelt sich ein ganz neues Mitgefühl mit Max – und die Zuversicht, dass Misserfolgsgeschichten überwunden werden können.

Zusammen mit der Schulpsychologin erarbeiten die Eltern, wie sie Max spüren lassen können, dass sie an ihn glauben: Indem sie täglich notieren, was ihnen an Max positiv auffällt, und ihm das auch rückmelden – seine Hilfsbereitschaft für die gehbehinderte Oma, seine Sorgfalt beim Blumengießen. Indem sie mit seinen Lehrerinnen überlegen, wie sie sein Selbstvertrauen stärken und verhindern könnten, dass er in den wichtigsten Fächern weiter absackt. Indem sie einen „fremden“ Nachhilfelehrer einschalten, der mit ihm übt und so die Eltern entlastet. Und indem sie Mitgefühl zeigen, wenn er trotzdem wieder mal eine schlechte Note bekommt.

Zum ersten Mal sehen die Eltern einen Weg für Max, mit der Schule fertig zu werden. Und auch für sich selbst: „Weil die Schulpsychologin uns nicht wie schlechte Eltern behandelt, die sich nicht bemühen, ihr Kind zum Lernen zu bewegen. Sie traut uns etwas zu, und das tut uns gut.“

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