Eltern bleiben Eltern. Der Satz, der oft bei Trennungen und Scheidungen fällt, gilt auch in anderer Hinsicht. Selbst wenn die Kinder mit 18 von Gesetzes wegen erwachsen, irgendwann auch finanziell unabhängig und selbst Eltern werden – Mütter und Väter können und werden deswegen nicht aufhören, sich um ihre Töchter und Söhne inklusive Enkelinnen und Enkel Gedanken zu machen und zu sorgen.
Für uns als Redaktion der Elternbriefe du + wir heißt das: Einen natürlichen Zeitpunkt, uns von Ihnen zu verabschieden, gibt es nicht; jeder muss einigermaßen willkürlich erscheinen. Zumal uns bewusst ist: Wenn wir diesen Schritt heute, nach neun Jahren, 45 Briefen und etlichen Extra-Briefen trotzdem tun, dann nicht, weil wir Ihren und unseren „Job“ jetzt für erledigt hielten. Im Gegenteil: Die kommenden Jahre werden für Sie kaum weniger aufregend. Der bevorstehende Wechsel zur weiterführenden Schule bringt Kopfzerbrechen und Diskussionen mit sich, und dann stehen Eltern vor der Herausforderung, ihre Kinder in der Pubertät mehr und mehr loszulassen, ihnen aber weiterhin einen sicheren Hafen für stürmische Zeiten zu bieten. Dazu kommt, dass unsere Zeit Eltern mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Der „Megatrend“ Digitalisierung ist kaum ansatzweise verarbeitet, da rollt schon eine neue, bedrohliche Welle auf uns zu. „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, sagt ein afrikanisches Sprichwort, das auch bei uns oft zitiert wird – aber was, wenn dieses Dorf nicht von Demokratie und Nächstenliebe, sondern von populistischer Hetze und (Fremden-)Hass geprägt ist? Wollen wir uns eine Zukunft unserer Kinder in einer Welt vorstellen, in der Sprechchöre auf Kundgebungen ungestraft das „Absaufen“ von Schiffen mit hunderten hilfesuchender Menschen propagieren? Höchste Zeit also, dass wir auch in unseren Familien damit anfangen, Demokratie und christliche Werte als Grundlagen des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft neu zu festigen (Das Parlament am Esstisch und Carla, der Müll und die Demo).
Aber: Bangemachen gilt nicht. Zum einen stellt sich das viel beschrieene „Abenteuer Pubertät“ heute nicht mehr so dramatisch dar wie früher (Jonas geht ein bisschen ’raus); zum anderen bieten eine Erziehung, die die individuelle Persönlichkeit von Kindern respektiert und ermutigt, und das bisher erarbeitete elterliche Selbstbewusstsein eine solide Grundlage, auch diese Aufgaben zuversichtlich anzugehen. Und außerdem: Niemals geht man bekanntlich so ganz – auch wenn die Elternbriefe auslaufen, bietet ihre „Basisstation“ bei der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung AKF weiter ihre Dienste an (Weiter im Programm).
Wir verabschieden uns von Ihnen also in dem Vertrauen, dass zum Eltern-Sein wesentlich auch das Loslassen gehört. Nicht im Sinne von „einfach laufen lassen“, sondern wie es ein berühmtes Gelassenheitsgebet ausdrückt:
Gott,
gib mir den Mut zu ändern,
was ich ändern kann,
die Gelassenheit hinzunehmen,
was ich nicht ändern kann,
und die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.
Wir wünschen Ihnen diesen Mut, diese Gelassenheit und diese Weisheit. Und mehr noch: viel Freude mit Ihrer Familie und das Vertrauen, dass Gottes Segen Sie und Ihre Kinder tragen wird – auch und gerade wenn die Zeiten schwierig werden.
Für die Redaktion der Elternbriefe
Josef Pütz