Dienstag, 18:43 Uhr

Oktober 2010

Spricht Tim zu wenig?

Die Sprachentwicklung von Tim (22 Monate alt) macht mir Sorgen. Er versteht offensichtlich fast alles; seine eigenen Äußerungen beschränken sich aber auf wenige (Kinder-)Worte. Und auf dem Spielplatz beobachte ich, dass gleichaltrige Kinder viel gesprächiger sind und auch schon Zwei-Wort-Sätze bilden… Der Kinderarzt hält Tims Sprachentwicklung allerdings für „unauffällig“.

Ihre Sorge um Tims Sprachentwicklung kann ich gut nachvollziehen. Tatsächlich beobachten viele Eltern bei Kindern in seinem Alter eine Art „Wortschatzexplosion“ – viele, aber eben nicht alle. Die individuellen Unterschiede von Kind zu Kind gerade im Bereich des Spracherwerbs sind enorm; nach Ansicht der Sprachwissenschaftlerin Prof. Gisela Szagun können ein- und zweieinhalbjährige Kinder durchaus auf dem gleichen Stand sein, ohne dass das ältere deswegen als „unnormal“ gelten müsse. „Späte Sprecher“ dürften deshalb nicht gleich als „entwicklungsverzögert“ oder gar „-gestört“ gelten.  

Ich will Ihre Sorgen damit aber nicht klein reden. Vielleicht können Sie Ihrem Kinderarzt – falls seine Auskunft allein Sie nicht zufrieden stellt – Ihre Sorgen noch einmal eindringlich schildern und ihn bitten, Tim zur  Überprüfung an eine Logopädin zu überweisen. Oder Sie holen eine „zweite Meinung“ bei einem anderen Kinderarzt ein. Falls Sie sich selbst vorher ein genaueres Bild von Tims Sprach-Stand machen möchten, finden Sie im Internet Beobachtungsbögen dazu, zum Beispiel unter www.kjp.med.uni-muenchen.de/sprachstoerungen/ .
 
Und selbstverständlich können Sie versuchen, Tim daheim so gut wie möglich sprachlich zu fördern – indem Sie viel mit ihm sprechen und singen, Fingerreime und Klatschverse spielen, erzählen, Bilderbücher anschauen und vorlesen, mit Handpuppen spielen, Kontakte zu anderen Kindern fördern, viel mit ihm unternehmen und darüber sprechen, was sie dabei sehen und erleben. Veranstalten Sie aber bitte keinen Sprachunterricht („Das heißt nicht Mis, das heißt Milch!“) und korrigieren Sie Tim nur indirekt („Ja, das ist Milch.“). Am wirkungsvollsten lernen Kinder das Sprechen „nebenher“!

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