Unsere Tochter (4) wird immer stiller. Jetzt hat mich auch ihre Erzieherin deswegen angesprochen; Miriam gehe im Kindergarten kaum noch auf Einladungen von anderen Kindern zum gemeinsamen Spielen ein und begnüge sich immer öfter mit monotonen, mechanischen Beschäftigungen. Offensichtlich fühlt sich die Erzieherin dabei genauso hilflos wie ich…
Gut, dass Sie und Miriams Erzieherin so aufmerksam sind. Gerade „stille“ Kinder, die sich in sich zurückziehen, bleiben mit ihrem Kummer sonst oft allein; sie machen ja keinen Ärger und fallen deswegen nicht auf…
Um Ihrer Tochter helfen zu können, müssten Sie zuallererst die Ursachen ihres Kummers herausfinden. (Dabei setze ich voraus, dass Miriam selbst unter ihrer Situation leidet; es gibt auch stille Kinder, die dabei durchaus zufrieden und glücklich sind!) Vielleicht können Sie sich dazu ja mit Miriams Erzieherin zusammen setzen: Wann haben Sie die Veränderung in Miriams Verhalten zum ersten Mal wahrgenommen? Hat sich damals in der Kita oder in Ihrem Familienleben irgendetwas verändert? Vielleicht hat Ihre Tochter ein Geschwisterchen bekommen, ist eine „beste“ Freundin weggezogen, ein lieber Verwandter, Bekannter oder ein Haustier gestorben? Oder hat Miriam etwas miterlebt, das sie innerlich erschüttert oder verunsichert hat – ein Verkehrsunfall, eine schwere Erkrankung eines anderen Kindes? Oder fühlt sie sich vielleicht von anderen Kindern beim Spielen „untergebuttert“?
Falls Ihnen selbst keine schlüssige Erklärung einfällt, können Sie es auch spielerisch versuchen: Spielen Sie zum Beispiel mal mit Tierfiguren oder Spielzeug-Männchen „Kindergarten“ oder „Spielplatz“, oder malen Sie mit Miriam Bilder davon und versuchen Sie sie darüber ans Erzählen zu bringen; das verspricht oft mehr Erfolg als direkte Nachfragen. Wichtig ist dabei nicht, wie die Erwachsenen die Situation sehen, sondern wie Miriam sie deutet. Manchmal hat ein Kind Bilder oder Ideen im Kopf, die uns als Erwachsenen abstrus erscheinen, die für das Kleine aber (bittere) Realität sind.
Wenn Sie mit diesen Bemühungen nicht weiter kommen und Miriam Ihnen weiterhin bedrückt und unglücklich erscheint, dann scheuen Sie sich nicht und wenden sich an eine Erziehungsberatungsstelle oder einen Therapeuten, die Ihnen bei der Ursachenforschung professionell helfen. Unbefangene „Dritte“ sehen mit ihrem Blick „von außen“ oft mehr!