Unsere kleine Tochter, 3 Monate schreit ganz oft und lange, ohne dass mein Mann und ich einen dafür Grund finden. Bei Ben (inzwischen drei Jahre alt) kannten wir das nicht. Wir wissen einfach nicht mehr, was normal ist und was nicht. Und, noch wichtiger: Wie können wir Maria helfen?
Früher nannte man Babys wie Maria „Schreibabys“ und vermutete, dass diese Kinder unter „Dreimonatskoliken“ leiden (weil sie beim Schreien die Beinchen oft krampfartig anziehen). Dieser Verdacht steht heute zwar nicht mehr im Vordergrund; trotz macht es Sinn, zuallererst mit Hilfe des Kinderarztes abzuklären, ob Marias Schreien möglicherweise doch eine organische Ursache hat. Wenn nicht (wie bei den allermeisten „Schreibabys“), dann steckt hinter Marias Beschwerden vermutlich eine Regulationsstörung. Das heißt: Diesen Kindern fällt es schwer, all die neuen Reize in ihrer Umwelt zu verarbeiten; vor allem der Übergang zwischen Wachen und Schlafen gelingt ihnen deshalb nur unter größten Schwierigkeiten.
Die wichtigste Hilfe für Maria wäre deshalb: eine Umgebung zu schaffen, die es ihr erleichtert, zur Ruhe zu kommen. Dunkeln Sie das Zimmer ab, stellen Sie Türklingel und Telefon leise, geben Sie Ben etwas zu tun, bei dem er keine lauten oder erschreckenden Geräusche produziert; ob leise Musik oder Gespräche „im Kammerton“ im Hintergrund Maria ebenfalls stören oder im Gegenteil vielleicht sogar beruhigen, können Sie nur selbst herausfinden. Wenn Maria trotzdem schreit, probieren Sie bitte nicht eine Methode nach der anderen aus, um sie zu beruhigen; das würde nur jedes Mal einen neuen Reiz setzen und Maria zusätzlich aufregen. Stattdessen braucht sie Ihr zuverlässiges, ruhiges Da-Sein; ob Sie Ihre Tochter dabei streicheln, wiegen, durch leise „Schsch…“-Laute beruhigen oder ihr etwas vorsingen, hängt ganz von Marias Vorlieben ab. Überhaupt lohnt es sich, genau zu beobachten, welche Signale sie aussendet; jedes „Schreibaby“ reagiert nämlich anders. Viele drehen zum Beispiel ihren Kopf beiseite, wenn sie Ruhe brauchen. Gut wäre es auch, möglichst viel Gleichmaß in die täglichen Abläufe zu bringen, von den Mahl-Zeiten bis zum Schlafengehen; je mehr Abfolgen Maria wiedererkennt, desto mehr Sicherheit, Vertrauen und Ruhe gibt ihr das.
Nach der sogenannten Dreier-Regel gelten Kinder als „Schreibabys“, wenn sie über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen an drei Tagen in der Woche jeweils mindestens drei Stunden lang schreien. Entscheidend sind letztlich aber nicht statistische Daten und Definitionen, sondern die Belastung für Sie als Eltern. Jedes Babyschreien erzeugt eine biologische Wirkung, die Eltern in einen Alarmzustand versetzen. Für Babys ist das überlebenswichtig; für Eltern kann das, wenn ihr Baby viel schreit, zur Tortur werden. Achten Sie deshalb bitte gut auf sich selbst! Verschaffen Sie sich als Eltern gegenseitig oder mit Hilfe der Großeltern Auszeiten zum Durchatmen und nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch. Erste Adressen dafür sind neben dem Kinderarzt spezielle „Schreiambulanzen“ (Adressen unter www.gaimh.de), die sich vielerorts gezielt um Babys mit Schrei-, Schlaf- und Fütterproblemen kümmern, oder Erziehungsberatungsstellen.
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