Wir sind eine Patchworkfamilie: Daniela, die Tochter meines Mannes (9), mein Sohn (5) und unsere gemeinsame Tochter (3). Allerdings komme ich mit Daniela zurzeit gar nicht klar. Sie will immer alles bestimmen, seitdem sie zu uns gezogen ist.
Eine Patchworkfamilie ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Es geht darum, ein neues Miteinander zu finden, in dem jeder Einzelne seine Bedeutung und Rolle hat und gleichzeitig seinen Beitrag zu der Gemeinschaft leistet. Zwei Familiensysteme treffen zusammen, und vieles muss neu ausgehandelt werden. Wie sieht der Alltag aus? Wer trifft welche Entscheidungen? Wie ist das mit Nähe und Distanz? Welche Rollen spielen die leiblichen Eltern, die nicht in der Familie wohnen? Das ist für alle erst einmal verunsichernd.
Für Daniela kommt noch dazu: Sie ist erst später, als „letzte“, dazu gezogen; sie hat von allen möglichen ausgesprochenen und unausgesprochenen Absprachen, die vorher schon getroffen wurden, nichts mitbekommen und ist deshalb nicht „auf dem gleichen Stand“ wie die anderen Kinder. Mit so einer Unsicherheit gehen Menschen und natürlich auch Kinder unterschiedlich um. Einige passen sich übermäßig an, andere warten ab und wieder andere versuchen wie Daniela selbst zu bestimmen, um so die Regeln zu setzen und sich Sicherheit zu verschaffen.
Vielleicht handelt sie aber aus der Angst heraus, bei ihrem eigenen Vater neben Ihnen nur noch eine „zweite Geige“ zu spielen, und konkurriert deshalb mit Ihnen um seine Aufmerksamkeit und Zuneigung. Oder sie versucht „nur“, ihrer Rolle als ältestes Kind gerecht zu werden.
Nicht zu vergessen Danielas leibliche Mutter: Oft wirken in solchen Konstellationen auch die „entfernten“ Eltern von außen in die Patchworkfamilie hinein, die ihre Kinder – bewusst oder unbewusst –in einen Loyalitätskonflikt ziehen. Dann wäre auch ein Gespräch mit der Mutter vonnöten.
Welches dieser Motive Daniela bewegt oder ob vielleicht sogar mehrere zusammenwirken, können Sie nur zusammen mit Ihrem Mann und Daniela selbst herausfinden. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie ihr Verhalten nicht als auf sich selbst beziehen („Sie hasst mich, lehnt mich ab.“), sondern als eine Selbstaussage, mit der Daniela ihre eigene Unsicherheit oder was auch immer zum Ausdruck bringt.
Vergessen Sie dabei bitte nicht, dass auch in anderen Familien Eltern und Kinder des öfteren Konflikte darum streiten, wer wem was „zu sagen hat“; vielleicht hängt die eine oder andere Auseinandersetzung ja eher mit Danielas alterstypischer Entwicklung als mit Ihren Patchwork-Verhältnissen zusammen!? Die Sicherheit in Ihrer Beziehung, die Daniela braucht, kann sich erst nach und nach durch das alltägliche Zusammenleben entwickeln. Das erfordert Beständigkeit, Geduld und Verständnis, schließt aber nicht aus, dass Sie ihr Grenzen setzen, wo das notwendig ist.
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