Samstag, 16:08 Uhr

September 2018

Luisa wohnt jetzt woanders

Luisa wohnt jetzt woanders
Foto: www.storyincolors.com

Die beste Freundin meiner Tochter Amelie (7) ist umgezogen. Die beiden sehen sich noch ab und zu, aber eben nicht mehr so oft, und Amelie tut sich schwer, neue Freundinnen zu finden. Sie hatte sich bisher fast ausschließlich an Luisa und deren Freundeskreis gehängt.  Ich würde Amelie gerne helfen, weiß aber nicht wie - zumal sie eher schüchtern ist und ich auf jeden Fall vermeiden möchte, Druck auf sie auszuüben. Sie leidet schon genug darunter.

Gerade für schüchterne Kinder ist es oft eine große Herausforderung sein, auf andere zuzugehen. Gut deshalb, dass Sie Amelies Persönlichkeit und Temperament so einfühlsam wahrnehmen.

Das A und O, um Amelie behutsam zum Knüpfen neuer Kontakte und Freundschaften zu ermutigen, scheint mir das Vermitteln von sozialen Übungsfeldern zu sein. Zu gut Deutsch: Sie muss unter andere Kinder. Wo Sie dabei am besten ansetzen, richtet sich nach Amelies individuellen Vorlieben: ob ihr also ein Sportverein (am besten ein Mannschaftssport) eher liegt als ein Chor, eine Tanzgruppe, die Pfadfinder oder, oder, oder. Vielleicht findet sich ja auch in der Schule für Amelie eine AG, an der sie gerne teilnehmen möchte? Nehmen Sie aber auch einmal Ihre eigenen Kontakte unter die Lupe: Wie steht es um Ihre eigenen Kontakte und Freundschaften? Kann Amelie bei Ihnen „abgucken“, wie offen Sie auf Nachbarn und andere Bekannte zugehen? Auch Treffen mit befreundeten Paaren und Familien bieten Amelie eine gute Möglichkeit, sich im Umgang mit „Fremden“ zu üben (und sich vielleicht mit deren Kindern zu anzufreunden).

Bei all dem ist es wichtig, dass Amelie in ihrem eigenen Tempo auf andere zugehen kann. Manche Kinder beobachten erst einmal eine ganze Zeit lang, wie so eine Gruppe funktioniert, bevor sie einen engeren Kontakt zu anderen suchen. Erwarten Sie also bitte nicht, dass Ihre Tochter Ihnen gleich nach zwei oder drei Gruppentreffen von einer neuen Freundin erzählt! Jede Nachfrage, die Amelie auch nur als Anflug von Drängelei wahrnehmen könnte, würde ihre Selbstzweifel nur verstärken und ihren Verdacht wecken, dass sie sowieso nie Freunde findet und dass ihre Eltern ihr das auch nicht zutrauen. Bleiben Sie also geduldig, wenn die erste „private“ Verabredung Amelies mit einem anderen Kind aus der Gruppe auf sich warten lässt!

Die Bereitschaft Ihrer Tochter, auf andere Kinder zuzugehen, könnten Sie auch dadurch fördern, dass Sie Amelie auf Ihre Stärken und ihre liebenswerten Seiten aufmerksam machen. Manchen schüchternen Kindern kommt es „von selbst“ gar nicht in den Sinn, dass sie für andere Kinder interessant sein könnten! Vermeiden Sie aber jede Übertreibung und Beschönigung geben; das spüren Kinder sofort!

Und was den Kontakt zu Luisa angeht: Möglicherweise ist die Freundschaft der beiden ja so innig, dass sie auch die räumliche Trennung überdauert und die beiden vielleicht sogar fürs Leben „beste“ Freundinnen bleiben. Gut deshalb, wenn Sie Amelie helfen, den Kontakt weiter zu pflegen; das wird auch Amelies Selbstvertrauen gut tun. Genauso wird es Ihrer Tochter aber auch gut tun, wenn sie nicht einseitig auf diese eine Beziehung festgelegt bleibt.

In unserer Rubrik Familie von A-Z finden Sie weitere interessante Artikel und Infos zu dem Thema Entwicklung des Kindes.

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