Mein Sohn Alex wird bald 8 und macht sich schon viele Gedanken über seinen Geburtstag. Neulich kam er ganz begeistert vom Geburtstag seines besten Freund zurück: So eine große Familienfeier hätte er auch gerne... Aber ich erziehe Alex allein, habe außer meinem Vater kaum Familie – wie soll ich so eine Feier auf die Beine stellen? Überhaupt finde ich es manchmal sehr anstrengend als alleinerziehende Mutter und habe dann ein schlechtes Gewissen deswegen, schließlich liebe ich Alex über alles...
Eine Familie als alleinerziehende Mutter (oder alleinerziehender Vater) zu managen, ist eine große Herausforderung. Sie müssen zwangsweise zumindest einen Teil des anderen Eltern-Parts mitübernehmen, und im Gegenzug fehlt Ihnen die Entlastung durch den anderen Eltern-Teil. Umso mehr kommt es darauf an, keine Energien an unrealistische Träume und Vergleiche mit anderen Familien zu verschwenden. Die „große“ Familienfeier zum Geburtstag der Kinder ist so ein Fall. (Übrigens geht es vielen Vater-Mutter-Kind-Familien, deren Eltern selbst Einzelkinder sind oder die weit entfernt von ihren Herkunftsfamilien leben, in diesem Punkt kaum anders als Ihnen!) Vermutlich hatten Sie ja sehr gute Gründe, sich von Alex' Vater zu trennen – wenn es denn überhaupt Ihre Entscheidung war. Dass dabei auch ein Teil der möglichen Festgesellschaft bei seinen Geburtstagen verloren ging, ist vielleicht schade, aber jedenfalls kein Grund für Gewissensbisse.
Bitte unterschätzen Sie auch Alex nicht. Kinder in seinem Alter können Traum und Realität meist sehr genau auseinander halten. Setzen Sie sich also einfach mal mit ihm zusammen und überlegen Sie beide, wie er sich seinen Geburtstag vorstellt. Wer gehört für ihn dazu: Klassenkameraden? Freunde aus dem Sportverein? Andere Menschen aus dem Bekanntenkreis, die für ihn wichtig sind? Und was möchte er mit seinen Gästen unternehmen? Dabei werden Sie beide schnell feststellen, dass jede Familie ihre individuellen Voraussetzungen, Wünsche und Beziehungen hat und dass sich ein genauer Blick darauf eher lohnt als sehnsüchtige Blicke auf andere…
...es sei denn, dass sich hinter Alex' Traum von der „großen“ Familienfeier ein grundsätzlicheres Problem verbirgt: dass er nämlich die Trennung von seinem Vater noch nicht verarbeitet hat und ihr derzeitiges Leben so noch nicht akzeptiert. Auch in diesem Fall können Sie „nur“ versuchen, mit ihm über seine Vorstellungen und Wünsche zu sprechen und dabei das Machbare herauszufiltern. Dazu gehört auch, einen Blick auf Ihr eigenes Netzwerk zu werfen: Mit wem – Freundinnen? Andere allein erziehende Mütter (zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe)? – könnten Sie sich zur Bewältigung Ihres Alltags enger zusammentun? Und damit vielleicht auch Alex eine Art Familien-Gefühl vermitteln? Und falls Sie das Gefühl haben, dabei alleine nicht weiter zu kommen, wäre ein Gespräch mit einer Ehe-, Familien- und Lebensberatung auf jeden Fall einen Versuch wert.
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