"Unsere Kinder (7 und 9 Jahre alt) geraten immer wieder mit den Kindern einer befreundeten Familie aneinander. Bei einem Streit ging es um das Thema Weihnachten, bei einem anderen um die Kirche. Unsere Älteste will Ministrantin werden und nimmt das auch sehr ernst. Unsere Freunde sind nicht gläubig und erziehen ihre Kinder auch nicht religiös. Mein Mann und ich fänden es schade, wenn die Spannungen bleiben, da wir sehr gerne mit der anderen Familie zusammen sind. Was können wir tun?"
Karen, 33
An Ihrem Beispiel sieht man sehr gut, dass Werte nicht verhandelbar sind. Hier gibt es kaum bis keine Kompromisse. Ihre Kinder sind in einem Alter, in dem sie beginnen ihre eigene Identität auch bezüglich ihrer Werte oder dem, was ihnen in ihrem Leben "heilig" ist herauszubilden. Gerade wenn Ihre Tochter Ministrantin werden will und dies auch sehr ernst nimmt, geht es für sie hier um sehr viel...(siehe Erläuterungen unten zu Werteerziehung)
Sie bieten Ihren Kindern auch ein Vorbild, indem Sie Ihre Freunde, jenseits ihrer religiösen Haltung schätzen und Freundschaft mit Ihnen pflegen. Dies können sich Ihre Kinder einerseits natürlich von Ihnen abgucken ...
Aber es kann auch sehr hilfreich sein, das Thema direkt mit Ihren Kindern anzusprechen. Es ginge sogar mit beiden Familien, wenn Ihnen als Erwachsenen das möglich ist. Denn so können Sie gemeinsam Ihren Kindern erklären, welche Werte Ihnen wichtig sind und warum. Natürlich altersgemäß und vermutlich ist das für die älteren Kinder noch interessanter als für die jüngeren. Offenbar gehören für Sie als Familie auch der Respekt und die Wertschätzung anderer Lebenseinstellungen zu Ihren Werten dazu.
In dieser Kombination aus Vorleben und Erklärungen können Ihre Kinder manches vielleicht noch einmal anders einordnen. Sicherlich wird gerade bei Ihrer Tochter und dann auch später bei Ihrem Sohn der Einfluss von Gleichaltrigen zunehmen und sie werden sich mehr und mehr außerhalb Ihrer Familie Quellen für eine eigene Haltung im Leben suchen. Dennoch bleiben Sie als Eltern weiterhin eine "Basisstation" für Ihre Kinder und werden später so auch zu Diskussionspartnern, die sich dann natürlich über ihren eigenen Standpunkt klar sein sollten. Dass dies in Ihrer Familie möglich ist, ist eine gute Voraussetzung für einen gemeinsamen wertschätzenden Umgang miteinander und bietet Ihren Kindern eine sichere Basis.
Konflikte fordern heraus. Sie stehen für Meinungsverschiedenheiten. Was ist mir gerade wichtig? Was von Wert? Worum geht es mir? Diese Grundfragen spiegeln sich in allen Alltagsreibereien wider.
Daher sind solche Konflikte wichtig, genau so wie die klare Positionierung von Mutter und Vater im Erziehungsalltag und eine faire Auseinandersetzung darüber für Kinder und Jugendliche.
Werte werden gelebt: Wir treffen uns zum Essen, um Gemeinschaft zu erfahren. Wir teilen Hausarbeit auf, damit Familie ein „Gemeinschaftsprojekt“ ist. Fernseh- und Internetzeiten werden begrenzt, damit das Leben vielfältig bleibt und eigene Fähigkeiten entfalten werden können.
Es braucht die Erläuterung – mit Älteren oftmals die Diskussion darüber, weshalb etwas sinnvoll ist. Dies fördert die Werteintelligenz.
Werte erkennen; die Fähigkeit entwickeln, selbst Werte zu wählen und daraufhin gesetzte Ziele im Alltag zu verfolgen – dies bezeichne ich mit Werteintelligenz.
Kinder und Jugendliche schon früh in der eigenen Bewertung und Ausrichtung zu unterstützen, ist Ziel von Erziehung. Denn Lebenskompetenz erwirbt sich der Mensch zuallererst aufgrund von dieser Werteintelligenz. Über sie findet er zu einem eigenverANTWORTlichem Handeln, durch das er intelligent Antwort gibt auf die sozialen und eigenen Bedürfnisse und Fragen des Alltags.
Christof Horst (Kess-erziehen-Institut für Personale Pädagogik)
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