"Unsere Zwillinge Elias und Jakob sind beide drei Jahre alt und werden ab dem Sommer in den Kindergarten gehen. Bislang waren die beiden zusammen bei einer Tagesmutter. Bei allem, was sie spielen, achten sie sehr aufeinander und sie waren seit ihrer Geburt noch nicht voneinander getrennt. In der Kindertagesstätte wurde uns nun gesagt, dass sie Geschwisterkinder dort gerne in verschiedene Gruppen aufnehmen. Meine Sorge ist, dass meinen Zwillingen die Eingewöhnung so viel schwerer fällt."
Adele, 28
Als Mutter von zwei mittlerweile 15-jährigen Zwillingen erinnere ich mich auch noch genau an diese Zeit. Es ist gut, dass Sie die Sicht der Kindertagesstätte hinterfragen. Die Frage, ob Zwillinge besser getrennte Gruppen besuchen, lässt sich nämlich nicht pauschal beantworten. Es gibt für beide Sichtweisen gute Argumente, aber letztlich hängt es auch stark von den Kindern und ihrer Persönlichkeit ab. Jeder Zwilling und jedes Zwillingspärchen ist da ganz einzigartig.
Zwillinge haben oft eine sehr enge Bindung aneinander und gerade in den ersten Lebensjahren ist es normal, dass sie fast immer zusammen sind. Wie selbstverständlich kommunizieren sie permanent und oft nonverbal. Das gibt ihnen Sicherheit und kann den Start in der Kindertagesstätte erleichtern.
Andererseits ist es natürlich auch wichtig, dass Zwillinge lernen, sich anderen Menschen zu öffnen und neue Kontakte zu knüpfen. Je älter die Kinder werden, umso mehr entwickeln sie ihre eigene Persönlichkeit. Oft schließen sie dann gezielt Freundschaften mit unterschiedlichen Kindern. Diese Argumente können für eine Trennung im Kindergarten sprechen.
Ein ganz praktischer Aspekt bei der Frage nach getrennten Gruppen betrifft alle Eltern mit mehreren Kindern. Abhängig von der persönlichen Lebenssituation und der Anzahl der Geschwister ist es manchmal gar nicht so leicht, Elternabende, Erlebnistage und ähnliches unter einen Hut zu bringen. Da kann es im Alltag schon helfen, wenn zwei Kinder in der gleichen Gruppe sind.
Sie kennen Ihre Kinder am besten. Vielleicht hilft es Ihnen, bevor SIe eine Entscheidung treffen, gezielt auf Ihre Kinder und ihre Umgebung zu achten. Wie spielen sie miteinander und welche Unterschiede gibt es, wenn sie mit anderen Kindern oder ggf. ihren Geschwistern spielen? Messen die Kinder oft ihre Kräfte und Fähigkeiten? So bekommen Sie ein Gefühl dafür, ob sie mehr Sicherheit brauchen oder ob eine zeitweise Trennung hilfreich sein könnte, damit sie sich gegenseitig weniger Konkurrenz machen.
Interessant ist auch zu beobachten, wie die Zwillinge in ihrer Umgebung wahrgenommen werden. Gerade gleichgeschlechtliche Zwillinge werden oft verwechselt. Für die Zwillinge ist das nicht immer lustig. Genießen sie es, wenn sich ihnen jemand individuell zuwendet? Protestieren sie, wenn sie nicht mit ihrem Namen angesprochen werden? In getrennten Gruppen werden sie öfter richtig erkannt.
In vielen Kindertagesstätten gibt es die Möglichkeit, zum Schnuppernachmittag vorbei zu kommen. Gerade Dreijährige wissen oft schon selbst ganz genau, was sie möchten. Auf jeden Fall kann man versuchen, sie in die Entscheidung einzubeziehen. Wenn es sich einrichten lässt, können Sie gezielt an zwei Nachmittagen mit jeweils nur einem Kind die Einrichtung anschauen. Das ist eine gute Gelegenheit, Ihr Kind in dieser Situation zu beobachten und sich über die Kita und ihr Konzept zu informieren. Möglicherweise kennen Ihre Zwillinge schon andere Kinder, die in die gleiche Einrichtung gehen. Auch das kann die Entscheidung beeinflussen und ist oft auch eine Hilfe bei der Eingewöhnung.
Ich finde es wichtig, dass Sie sich mit der Entscheidung wohlfühlen. Sie muss zu Ihren Kindern und zur Familie passen. Im zweiten Schritt können Sie überlegen, ob getrennte Gruppen vielleicht eine gute Möglichkeit sind, die Entwicklung der Kinder zu fördern. Diese Frage wird sich auch später immer wieder stellen. Wenn Sie sich unsicher sind, sollten Sie auch das Personal in der Kindertagesstätte auf dieses Thema ansprechen. Gerade in der ersten Zeit hängt viel davon ab, wie die Kinder empfangen und behutsam integriert werden. Da unterscheiden sich Zwillinge nicht von den anderen Kindern.
Gastbeitrag von Angela Wegerich (Mainz)
... leitet Eltern-Kind-Gruppen für Zwillingseltern, ist Kess-erziehen-Trainerin, Erzieherin und Sozialpädagogin und selbst Mutter von Zwillingen im Teenageralter