Eigentlich läuft bei uns in der Familie alles rund. Natürlich gibt es manchmal Krach und Streitereien im Alltag. Doch wir haben den Eindruck, dass unsere Kinder Lea (4), Torben (7) und Anna (13) mit uns als Eltern zufrieden sind. Trotzdem fragen wir uns zwischendurch: Machen wir alles richtig? Sind wir eigentlich gute Eltern?
Melanie (39 Jahre)
Diese Frage beschäftigt sicherlich viele Eltern. Und so unterschiedlich wie die Mütter und Väter dieser Welt sind, werden wohl auch die Antworten sein. Zunächst einmal: Für Kinder ist vor allem die Beziehung zu ihren Eltern sehr wichtig. Sie wollen sich
Diese so genannten sozialen Grundbedürfnisse hat jeder Mensch: Wir als Erwachsene – und auch jedes Kind. Und sicherlich erfüllen Sie die Grundbedürfnisse Ihrer Kinder im Familienalltag bereits auf die unterschiedlichste Art und Weise. Zum Beispiel, indem Sie Ihre Kinder einbeziehen, Mitsprache ermöglichen, sie fair behandeln und ihnen etwas zutrauen.
Dennoch können Kinder immer wieder zu der Überzeugung kommen, dass eines ihrer Grundbedürfnisse nicht erfüllt ist. Sie zeigen dann Verhaltensweisen, die wir Erwachsene als schwierig empfinden, beispielsweise:
In diesen Situationen brauchen Eltern viel Geduld und Stehvermögen, um ruhig und besonnen zu reagieren. Klar: Das gelingt natürlich nicht immer. Doch wichtig ist, sich bewusst zu machen: Mein Kind verhält sich nicht so, weil es mich als Mutter/Vater ärgern will. Sondern weil eines seiner sozialen Grundbedürfnisse gerade nicht erfüllt ist. Familie ist ein Ort, an dem Kinder lernen können, Frustration auszuhalten und mit schlechten Stimmungen umzugehen. Eine gute Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist die Grundlage, um auch mit herausfordernden Situation zurechtzukommen.
Das können Eltern im Familienalltag auf vielerlei Weise spüren und erleben. Zum Beispiel an der Gefühlsintensität ihrer Kinder. Das reicht von Liebeserklärungen („Beste Mama/Bester Papa“) und innigen Momenten über Wut- und Trotzanfälle bis hin zu großen Diskussionen. Diese Gefühlsbreite bedeutet, dass Ihre Kinder den Eindruck haben: „Das halten meine Eltern aus. Ich kann mich auf sie verlassen.“ Muten Ihre Kinder Ihnen eine ganze Bandbreite von Gefühlen zu, können Sie davon ausgehen, dass Ihre Beziehung tragfähig ist.
Ein anderer Indikator für eine gute Beziehung ist es, wenn Kinder die Fähigkeit zur Anlehnung haben. Manchmal wundern Sie sich vielleicht, warum Ihr Siebenjähriger den ganzen Tag um sie herum wuselt, wo er doch sonst viel lieber mit seinen Freunden draußen spielt. Oder weshalb Ihre 13-jährige auf einmal ganz wild darauf ist, mit Ihnen die Wäsche aufzuhängen. Dies können Anzeichen dafür sein, dass Ihre Kinder etwas bedrückt. Nicht allen Kindern fällt es leicht, offen über ihre Probleme, Sorgen und Ängste zu sprechen. Manche wollen es gar nicht. Oder sie reden erst Wochen - oder gar Monate – später darüber. Dennoch bedeutet Nähe in einer guten Beziehung Schutz und Sicherheit.
Hilfreich ist es außerdem, wenn Kinder die Beziehung zu ihren Eltern als verlässlich erleben. Das bedeutet einerseits: Wenn Sie Ihren Kindern etwas versprechen oder Absprachen treffen, sollten Sie auch zu Ihrem Wort stehen. Andererseits geht es auch darum, Ihren Kindern Ihre eigenen Gefühle verständlich zu machen. Ein Beispiel: Sie sind traurig. Ihre Vierjährige kommt ins Wohnzimmer und sieht sie weinend auf dem Sofa sitzen. Für Ihre Tochter ist es dann gut zu hören: „Ich bin traurig, aber ich kümmere mich selbst drum und bald wird es mir wieder besser gehen. Dann kann ich mit dir spielen.“
Gerade kleine Kinder entwickeln oft ein magisches Denken und fühlen sich verantwortlich, wenn es ihren Eltern nicht so gut geht oder sie Unstimmigkeiten haben. Daher kann es bei Streitereien förderlich sein zu sagen: „Ja, wir streiten uns gerade, aber das hat nichts mit dir zu tun. Wir klären das schon.“ Das heißt: Sowohl angenehme als auch unangenehme Gefühle dürfen sein. Sie gehören zum Familienleben dazu.
Es gibt sicherlich noch viele andere bedeutsame Aspekte: So gehören auch klare Grenzen zu einer verlässlichen Beziehung. Und es tut Kindern natürlich gut, wenn sie Fehler machen dürfen und offen drüber sprechen können, ohne verurteilt zu werden. All dies gelingt in einer respektvollen wertschätzenden Atmosphäre, die Kinder ermutigt, die nächsten Schritte auf ihre eigene Art und Weise zu gehen.
Übrigens: Auch für Sie als Eltern ist Ermutigung wichtig. Schauen Sie also immer mal wieder wohlwollend auf das, was Sie an sich als Mutter oder Vater schätzen. Oder überlegen Sie, in welcher Weise Sie die oben geschilderten sozialen Grundbedürfnisse Ihrer Kinder im Familienleben erfüllen: Welche Situationen fallen Ihnen ein, in denen Sie wahrnehmen, dass Ihr Kind sich geliebt, wichtig, fähig oder geborgen fühlt? Übrigens: Das können Sie auch gemeinsam tun: Als Elternpaar oder unter befreundeten Müttern und Vätern. Viel Freude bei der Spurensuche!
Sabine Maria Schäfer
Erziehungsberaterin, systemische Familientherapeutin und "Kess-erziehen" - Kurs-Referentin