Der Vater meines Sohnes Oliver (3 Jahre) ist spielsüchtig und in unserem Familienkreis sind noch andere Personen von Abhängigkeitsproblematiken betroffen. Ich mache mir große Sorgen, dass Oliver später dazu neigen könnte, eine Sucht zu entwickeln. Kann man schon jetzt im Kleinkindalter vorbeugend etwas dagegen tun? Meike, 32
Bei der Geburt eines Kindes sind die Themen „Sucht“ und „Abhängigkeit“ wohl das Letzte, worüber sich die meisten Eltern zu diesem Zeitpunkt Gedanken machen. Das ist auch gut so. Doch Suchtvorbeugung beginnt parallel mit der Entstehung eines neuen Lebens. Schon frühzeitig gibt es viele Möglichkeiten, Kinder zu stärken und dadurch vor Sucht zu schützen.
Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. Ob jemand im Laufe seines Lebens eine Abhängigkeit von Suchtmitteln (z.B. Alkohol, Tabak oder illegale Drogen) oder süchtige Verhaltensweisen (z.B. Glücksspielsucht) entwickelt, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst:
Schützende Faktoren, wie z.B. ein starkes Selbstbewusstsein, können der Entwicklung einer Abhängigkeitsproblematik entgegenwirken. Es können aber auch Risikofaktoren vorhanden sein, die abhängiges Verhalten begünstigen. Wenn in der Familie enge Bezugspersonen des Kindes mit einer Suchtproblematik belastet sind, stellt dies einen Risikofaktor dar. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieses Kind „automatisch“ auch süchtig wird. Durch das Vorhandensein und die Stärkung schützender Faktoren kann das Risiko ausgeglichen werden, zeigt die Resilienzforschung.
Ein wichtiger Aspekt ist das Thema Belohnung. Süchtige Verhaltensweisen und Drogenkonsum wirken im Belohnungssystem unseres Gehirns. Schnelle, unkomplizierte Bedürfnisbefriedigung und die Vermeidung negativer Gefühle sind Ziel und Ergebnis, wenn Alkohol getrunken wird, um zu entspannen. Oder wenn gegen Langeweile oder als Ablenkung das Computerspiel für Stunden zur Realität wird. Bedenklich wird das bei regelmäßiger Gewohnheit.
Geben Eltern einem weinenden Kind die Flasche, um es zu beruhigen (obwohl es eigentlich keinen Durst hat) oder Süßes, damit es aufhört zu quengeln, folgt dies dem gleichen Muster. Und solch ein Vorgehen hat Erfolg. Das Kind beruhigt sich. Es lernt, dass Essen und Trinken eine schnelle (Ersatz-)Befriedigung versprechen. Das eigentliche, darunterliegende Bedürfnis (nach Nähe, Verstanden werden, nach Trost) wird nicht gesehen und daher auch nicht befriedigt. Oft folgt dann der Ruf nach noch mehr Trinken und noch mehr Süßem.
Sie können ihr Kind stärken, indem Sie:
Liegt bei einem Familienangehörigen eine Abhängigkeitsproblematik vor, ist es außerdem wichtig, dieses Thema nicht zu tabuisieren. Kinder suchen Erklärungen für das, was sie sehen, erleben und in Gesprächen aufschnappen. Um dies altersangemessen zu vermitteln, ist eine Beratung durch Fachkräfte, z.B. in Sucht- oder Familienberatungsstellen, oft hilfreich und sinnvoll. Auch in Sucht-Selbsthilfegruppen finden Angehörige von Suchtkranken Unterstützung.
Katharina Hadel
Erziehungsberaterin, Systemische Familientherapeutin und „Kess-erziehen“-Kurs-Referentin