Neulich haben wir uns heftig mit unserem sechsjährigen Sohn gestritten. Geplant war, dass wir zur Geburtstagsfeier seines Cousins fahren, doch er wollte sich nicht anziehen und wurde richtig laut. So wütend habe ich unseren Sohn erst selten erlebt. Ich war selbst total sauer und gekränkt. Weil ich nichts Unüberlegtes tun wollte, bin ich erst mal in ein anderes Zimmer gegangen. Jetzt bin ich unsicher, ob das richtig war. (Marco 41 Jahre)
Da war auf beiden Seiten viel Wut, Kränkung und Enttäuschung im Spiel. Sie haben Ihre Gefühle wahrgenommen und dann die Notbremse gezogen. Um den Konflikt nicht noch mehr eskalieren zu lassen, haben Sie das Zimmer verlassen. Das kann genau die richtige Strategie sein: Nicht das Kind wird weggeschickt, sondern ich gehe mit meiner Wut und Verletztheit aus der Situation heraus. Mit dem Ziel, mich abzukühlen und mich innerlich zu sortieren. Im Idealfall sagen Sie dem Kind vorher, dass Sie kurz den Raum verlassen, damit es nicht noch heftiger knallt.
Was ist hier los?
Diese Fragen helfen weiter, um runterzukommen:
Was steckt hinter der Wut?
Heftige Reaktionen wie Ärger und Wut können auch als Signal verstanden werden. Sie weisen darauf hin, was uns wichtig ist. Es lohnt sich, darauf zu schauen, was hinter der Wut steckt:
Die Perspektive wechseln
In Situationen, in denen wir als Eltern uns ärgern oder wütend werden, geht es oft um Themen wie Mitbestimmung und Selbstständigkeit. Vielleicht hatte Ihr Sohn gerade noch etwas zu tun, was ihm wichtig war. Oder er wollte eigentlich gar nicht mitkommen zu seinem Cousin. Es entschärft den Konflikt, wenn ich als Vater oder Mutter versuche, auch mit den Augen des Kindes auf die Situation zu gucken.
Abkühlphasen nutzen
Sie hingegen wollten vermutlich nicht zu spät zur Feier kommen. Deshalb fühlten sie sich provoziert vom Wutanfall Ihres Sohnes. Wichtig ist, sich dem Kind möglichst bald wieder wertschätzend und respektvoll zuzuwenden. Trotz aller Heftigkeit im Vorfeld. Das geht,
Sich wieder vertragen
So kommen wir als Eltern nach einem Streit wieder in Kontakt mit dem Kind:
Dabei kann es hilfreich sein, sprachliche Brücken zu bauen wie: „Kann es sein, dass …?“ Das Kind verneint oder stimmt zu. So kann das Problem eingekreist werden.
Das Kind verstehen
Es geht darum, das Kind zu verstehen und darum, dass das Kind sich verstanden fühlt. Erst wenn das gelungen ist, sage ich, wie es mir als Mama oder Papa geht. Und danach überlegen wir gemeinsam die nächsten Schritte. Wichtig ist, gedanklich und gefühlsmäßig ganz beim Kind und beim elterlichen Anliegen zu bleiben. Für Ihre Situation bedeutet das: Es spielt in diesem Moment überhaupt keine Rolle, ob der Cousin wartet. In diesem Moment, in dem das Kind mit seinen Gefühlen kämpft, braucht es Unterstützung und Verständnis.
Lass uns drüber reden
Das Gespräch über den Konflikt ist eine Möglichkeit, herausfordernde Situation im Familienalltag anzupacken. Respektvoll und wertschätzend, trotz heftiger Emotionen wie Wut, Enttäuschung und Kränkung.
Sebastian Wurmdobler
Gemeindereferent und Kess-erziehen-Kursleiter
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